Gipfel-Schlussakkord für Menschenrechte

Foto von Konstanze Kriese: Brüssel, Eingang zum Europäischen Parlament, hier als symbolisiertes Mittelmeer

Der EU-Regierungsgipfel: Schlussakkord für Menschenrechte

Eigentlich sollte sich der Regierungsgipfel regulär mit wirtschaftspolitischen Fragen beschäftigen. Doch die unerledigten Hausaufgaben der EU-Mitgliedstaaten, die sich seit Monaten weigern, eine gemeinsame und solidarische Lösungen für Flüchtlinge zu finden, bestimmten auch den Märzgipfel. Nun scheint die Einigung der 28 EU-Mitgliedstaaten mit der Türkei geglückt, ein Deal eingefädelt zu sein, hinter dem vor allem Angela Merkel stand.

Doch was ist der Preis? Offenbar hat Europa gestern Menschenrechte, zuvörderst das Menschenrecht auf Asyl, im Mittelmeer begraben. Der Gipfel hat sich mit keiner Silbe den Fluchtursachen zugewandt und langfristige Strategien für deren Eindämmung erörtert.

Die gesamte Orientierung auf kurzatmige Lösungen, die bewirken sollen, dass nicht mehr so viele Flüchtlinge wie zuvor nach Europa kommen können, ist nicht nur angesichts internationaler Verträge, die jede/m ein faires Verfahren zusichern müssen, der einen Asylantrag stellt, mehr als fragwürdig. Gleichermaßen driftet der Vertragspartner für diesen abenteuerlichen Lösungsansatz, die Türkei, insbesondere seit Sommer 2015 in eine gesellschaftliche Entwicklung, die den Rechtsstaat mit Füßen tritt. „Mit Blick auf Forderungen nach ‚Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit‘ in der Türkei sagte Erdogan am Mittwoch in Ankara: ,Ich sage es offen: Für uns haben diese Begriffe absolut keinen Wert mehr. Der, der im Kampf gegen den Terror auf unserer Seite steht, ist unser Freund. Der, der auf der anderen Seite steht, ist unser Feind.’“berichtet das österreichische Fernsehen.

Andere Nachrichten, die gar nicht unmittelbar mit dem Gipfelgeschehen in Zusammenhang stehen, berichten von weiteren massiven Waffenexporten in den Nahen Osten und drum herum, allein die Türkei hat gerade für 5,9 Milliarden € Waffensysteme in Auftrag gegeben. Angesichts derartiger Entwicklungen, angesichts einer ungerechten Weltwirtschaft und Wohlstandsverteilung, wird sich auch Europa real nicht auf weniger sondern auf mehr Flüchtlinge einstellen müssen, Derartige Lösungen, die nun mühsam als Durchbruch zelebriert werden, werden sich über kurz oder lang in Kürze als untauglich erweisen. Wenn dann die Mitgliedsstaaten keine ernsthaften Lösungen entwickelt haben, hat die EU ihr politisches Projekt, dass jetzt schon massiv beschädigt ist, womöglich beerdigt, die nationalstaatlichen Egoismen weiter wachsen lassen und eine historische Verantwortung für globale Gerechtigkeit verspielt. Setzen wir alles daran, dass eine derartige Entwicklung nicht die weitere Politik dominiert und dass Rechtspopulisten europaweit darauf ihre rassische braune Brühe kochen.