Ein Tag in Sachsen-Anhalt

Martina Michels vor ausländischen Studierenden | Foto: Peter Cichorius

Es gehört zu den guten Traditionen von Martina Michels als die Ansprechpartnerin in der Delegation DIE LINKE im Europaparlament für Sachsen-Anhalt, sich in konkreten Gegenden des Bundeslandes „vor Ort“ in Gesprächen und Begegnungen in unterschiedlichen Bereichen umzusehen.

Ganz klar, dass es dabei für eine Europaabgeordnete vor allem um die Bezüge zur Europäischen Politik geht. Welche praktischen Verbindungen gibt es zur Europapolitik und wie wirken sich Entscheidungen „aus Brüssel“ auf die Region aus? Wo gibt es Kritik und Verbesserungsbedarf? Und letztlich: was wird von einer Europaabgeordneten erwartet bzw. erhofft, was sie zur Lösung der bestehenden Probleme beitragen kann.

Zu den ebenfalls guten Traditionen gehört es, dass sich Martina Michels mit ihrer Kollegin im Landtag von Sachsen-Anhalt Dagmar Zoschke in deren Wahlkreis getroffen und in mehreren Einrichtungen Gespräche geführt hat. Dabei erwies es sich als wertvoll, dass Dagmar als kompetente Abgeordnete ihr „know how“, also ihre Kontakte und ihr Wissen, zur Verfügung gestellt und mit ihrem Büro 5 Stationen eines Tagesaufenthaltes am 28. September 2018 im Landkreis Anhalt-Bitterfels vorbereitet hat.

Station I: Die Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld

Den Anfang bildete ein Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld Markus Klatte und dessen Vorstandskollegen Axel Koß. Bei der Vorstellung ihrer Bank und ihres Leistungsvermögens sowohl hinsichtlich der Kontoführung für „Jedermann“ als auch der Unterstützung des wirtschaftlichen Mittelstandes verwiesen sie darauf, dass die Verhinderung von Oligopolen eines der wichtigsten Ziele der Sparkasse ist. Auch aus diesem Grund äußerten sie sich äußerst besorgt hinsichtlich der beabsichtigten Vergemeinschaftung der EU-Einlagensicherung. Sie befürchten, dass diese Entwicklung zu einem Ende des stattlichen Sektors der Sparkasse führen könne.

Martina informierte kurz über den Stand der Behandlung des Gesetzentwurfes zur Einlagensicherung im Europaparlament. Zugleich verwies sie darauf, dass die Zuständigkeit in dieser Frage bei der europäischen Kommission liegt. Sie regte deshalb an, sich namentlich an den Kommissar Oettinger zu wenden.

Abschließens sicherte sie zu, dass sie das Thema auch weiterhin ernst nehmen und auch weiterhin im Blick behalten wird. Über neue Entwicklungen insbesondere im Europaparlament wird sie die Sparkasse informieren.

Station II: Das Europagymnasium „Walther Rathenau“ in Bitterfeld

Martina Michels im Gespräch mit SchülerInnen, sowie mit dem Europakoordinator Herrn Ebel | Foto: Peter Cichorius

Der Besuch im Bitterfelder Europagymnasium „Walther Rathenau“ bildete die Fortsetzung eines vor einem Jahr begründeten Kontaktes. Fast auf den Tag vor einem Jahr hatte Martina schon einmal das Europagymnasium besucht und im Mai hatte es ein Treffen mit dem Europakoordinator Herrn Ebel und einigen seiner Schülerinnen in Bitterfeld anlässlich des Europafrühstücks gegeben. Dadurch war auch eine Atmosphäre begründet, mit den Schülerinnen und Schülern sofort und ohne Umschweife im Gespräch „zur Sache“ zu kommen.

Einerseits besteht der damals genannte Kritikpunkt fort, nämlich dass die Lehrpläne zu wenig Spielraum für europäische Themen bieten. Dabei brachten die Schüler auch Verständnis dafür zum Ausdruck, dass das nicht unmittelbar an ihren Lehrern liegt. Schließlich werden die Lehrpläne im Land und nicht an der Schule geschrieben. Und schließlich hängt vieles vom Umfeld des Gymnasiums ab, also von dem, welche Bedeutung z.B. die Stadt Bitterfeld dem Gymnasium beimisst und wie sie mit ihm umgeht. Lediglich an Projekttagen bieten sich Möglichkeiten zur Beschäftigung mit „Europa“ und im Schüleraustausch im Rahmen von Erasmus. Von den Schülern wurde deshalb auch der Wunsch geäußert, dass jede Schülerin und jeder Schüler mindestens ein Mal während des Besuches des Europagymnasiums in einem EU-Land zu einem Schüleraustausch gewesen sein sollte.

Andererseits sind Veränderungen am Gymnasium spürbar: es kommen neue Lehrer an die Schule und werden – insbesondere dank der Initiative von Herrn Ebel – „europäisch“ geschult. In anderen EU-Ländern lernen sie, besser mit der digitalen Technik umzugehen und – wieder zu Hause – können sie auch stärker in die Durchführung von Projekttagen einbezogen werden. Damit sie ihr digitales Wissen auch besser anwenden können, fehlt es aber an der erforderlichen Technik. Wenn WLAN und Breitband, Technik wie Whiteboards und Kameras ausreichend vorhanden sind, können gemeinsame Unterrichtsstunden mit Klassen in Finnland oder anderen EU-Ländern stattfinden. Ideen gibt es im Gymnasium – ihre materielle Umsetzung hängt auch vom Wirken des Umfeldes ab.

Wir freuen uns auf jeden Fall, dass 5 Lehrerinnen des Gymnasiums demnächst mit einer Besuchergruppe auf Einladung von Martina nach Straßburg kommen und dort neue europäische Perspektiven bekommen.

Station III: Das Landratsamt

Auch wenn die Bezüge zur Europapolitik zum Landkreis Anhalt-Bitterfeld auf den ersten Blick nicht so auffällig sind, so ließ Landrat Uwe Schulze keinen Zweifel, dass sie vorhanden sind: auch hier steht – wie in allen anderen Regionen der BRD auch – die Frage, wie die Kommunen mit EU-Fördermitteln unterstützt werden können, spielen Partnerschaften – im konkreten Fall mit dem Powlat (Landkreis) Pszczyna in Polen und Vorhaben mehrerer Kommunen, neue Partnerschaften zu vereinbaren – eine Rolle. Bei den Überlegungen, wie den Bürgerinnen und Bürgern die Vorteile der EU verdeutlicht werden können, spielt die Kohäsionspolitik nach 2020 eine große Rolle. Martina wies deshalb auch darauf hin, dass es angesichts des bestehenden Hanges zur Zentralisierung in der Bundesregierung und Tendenz zu Mittelkürzungen wichtig ist, dass sich die Kommunen zusammenschließen und ihre Schwerpunkte formulieren müssen. Und letztendlich steht dieses Problem im Zusammenhang mit anderen zentralen Vorhaben des Landkreises, zu denen die digitale Entwicklung gehört. Der Breitbandausbau dauert zu lange und die Schaffung von Medienkompetenz an den Schulen ebenfalls.

Station IV: Hochschule Anhalt

Der Präsident der Hochschule Anhalt Prof. Dr. Jörg Bagdahn mit zuständigen Leitern und Fachkräften mit Martina Michels| Foto: Peter Cichorius

Der Präsident der Hochschule Anhalt Prof. Dr. Jörg Bagdahn hatte sich gemeinsam mit zuständigen Leitern und Fachkräften des Studienkollegs in Köthen die Zeit genommen, über die Arbeit mit ausländischen Studierenden zu informieren. Dieser Bereich ist faktisch die erste „Anlaufstelle“ für ausländische Studierende, die nach Sachsen-Anhalt kommen. Hier werden Sprachkenntnisse vermittelt, Kompetenzen festgestellt und Weichen für die weitere akademische Entwicklung gestellt. Dabei konnte er auf beeindruckende Zahlen und Fakten verweisen. So wurde die Hochschule 2017 für die Betreuung von über 2500 ausländischen Studierenden aus 108 Ländern durch das Auswärtige Amt für die exzellente Betreuung ausgezeichnet. Einen besonderen Eindruck hinterließ die Arbeit mit Flüchtlingen, die an der Hochschule Anhalt ihren Studienweg beginnen. Dabei geht es darum, Flüchtlinge in den Hochschulbereich zu integrieren. Ein entsprechendes Programm sieht eine enge Zusammenarbeit mit Jobcentern und die Durchführung von Intensivsprachkursen vor. Dabei spielt nicht der Flüchtlingsstatus der künftigen Studierenden sondern in erster Linie ihre Leistung eine Rolle. Über den Studienbetrieb hinaus wird für die Integration großen Wert auf die möglichst dezentrale Unterbringung, die Nutzung von Sport- und Kulturangeboten wie auch die Einbeziehung in das gesellschaftliche Leben der Stadt gelegt.

Nach diesen Schilderungen war es auch wenig überraschend, welchen Eindruck die Studierenden der Klasse hinterließen, die wir im Anschluss an das Gespräch besuchten. Die Frauen und Männer kamen aus unterschiedlichen Ländern: aus Syrien, dem Iran, Marokko und der Türkei. Sie äußerten sich zufrieden über das Studium und die Einbeziehung in das Hochschulleben. Dabei kamen wenig Zweifel auf, dass sie über geeignete Voraussetzungen verfügen, ihre Vorstellungen eines weiteren Lebensweges umzusetzen – egal, ob im wissenschaftlichen oder im technischen Bereich oder in der Politik.

Station V und Abschluss: Ein Treffen mit der LINKE-Basis

Die Genossinnen und Genossen der Dessauer Basis hatten Martina zu sich eingeladen, um sich über ihre Arbeit im Europaparlament zu informieren und um über ein breites Spektrum sie interessierender Fragen zu diskutieren. So folgte denn auch Martinas Vorstellung ihrer parlamentarischen Arbeit und ihrer inhaltlichen Schwerpunkte eine angeregte Diskussion über den Zustand der EU, linke Vorstellungen zu ihrer Umgestaltung bis hin zu der Frage, warum es uns nicht gelingt, eine internationale Sammlungsbewegung auf die Beine zu stellen anstatt dem Nationalen verhaftet zu bleiben.