Martinas Woche 50 – 2015

 

Zwischen Berlin und Brüssel: Flüchtlingspolitik, Interkultureller Dialog, Europa im Bild und ein Interview mit TV.Berlin

Unbegleitete Jugendliche – Flüchtende mit besonderem Bedarf

Diese Woche wurde eingerahmt von mehreren Besuchen in verschiedenen Unterkünften für Flüchtende. Martina besuchte Jugendliche, hatte Trainingssachen und andere Bekleidung im Gepäck und stieß auf großen Zuspruch. Der Unterstützungs- und Beratungsbedarf Jugendlicher, die aus Kriegsgebieten kommen ist verständlicherweise hoch. Sie vermissen Eltern und Anverwandte, die sich nicht auf die gefährlichen Fluchtrouten begeben konnten, weil sie mit kleineren Geschwistern oder den Großeltern oft aus wirtschaftlichen Gründen zurückbleiben.
Im furchtbarsten Fall haben sie ihre Eltern verloren und einen Überlebenskampf hinter sich, der ihnen weder Zeit zum Trauern noch zu einem gesicherten Leben ermöglichte. Wir können immerhin Anteil nehmen, zeigen, dass wir uns für sie einsetzen und für klare politische Forderungen eintreten, die ihnen Bleiberechte sichern und gute Integrationsaussichten. Allerdings können wir auch kein X zum U machen und zum Teil katastrophale Zustände in der behörlichen Verantwortung, vor allem in Berlin, übersehen oder gar beschönigen, in dem wir dazu schweigen. Als Politikerinnen und Politiker leisten wir nicht dieselbe tägliche Arbeit der vielen Flüchtlingshelferinnen und -helfer. Wir kommen, um zuzuhören.

Bei den Besuchen wurde nochmals deutlich, dass es eine problematische Form der Anteilnahme ist, die Jugendlichen als Opfer furchtbarer Umstände zu sehen. Sie sind, mit all ihren bitteren Erfahrungen, gewillt und befähigt, mit Bedacht und auch mit Freunde hier anzukommen. Dazu gehören sportliche Angebote, Bildungschancen, Spracherwerb und viele Begegnungen und auch eine besondere Sensibilität für Angebote an junge Frauen. Dafür können wir alle etwas tun. Und klar, es ist berührend, wenn Jugendliche dann plötzlich singen und uns damit in aller Schönheit verdeutlichen, was sie alles mitbringen und man zugleich spürt, wie viel Vertrautes sie zurücklassen mussten.

Kulturausschuss mit Abstimmung zum Interkulturellen Dialog

Passend zum praktischen Besuch bei Flüchtenden am Montag und Freitag dieser Woche, war einmal mehr die Debatte zum Berichtsentwurf der britischen Sozialdemokratin Julie Ward, der am Montag im Kulturausschuss (CULT) abgestimmt wurde. Dazu gab die Berichterstatterin am Dienstag ein interessantes Interview, welches die völlig unterschätzte Debatte in den Zusammenhang stellt, wo sie hingehört: ins Herz europäischer Politik.

Martina war Schattenberichterstatterin für die GUE/NGL und hat einmal mehr die Auseinandersetzung mit Antisemitismus, Islamophobie und Rassismus in allen Spielarten mit ihren Änderungsanträgen stärker in den Bericht einbringen wollen. Ebenso plädierte sie für ein umfassendes Verständnis von Wertedebatten, denn heutzutage werden sie schnell auf interreligiöse Dialoge eingeengt. Mit dem Humanismus Europas oder der alewitischen Kultur sind allerdings weit über Religionsdiskurse hinaus, menschenrechtliche Wertedebatte im Fokus der Auseinandersetzung.

Mehr zum Bericht, zu den Änderungsanträgen und zur Debatte, könnt ihr hier finden.

Interkulturelle Bildung praktisch: Malaktion mit Flüchtlingskindern

Unter der Schirmherrschaft von Martina Michels fand am Mittwoch, den 9. Dezember, in der Willkommensklasse des Berliner Barnim-Gymnasiums eine ausgesprochen farbige Aktion statt. Unter der Anleitung von Michael Arantes Müller, gemeinsam mit der Lehrerin Ines Dehnel, malten Jugendliche aus Syrien, Afghanistan und Albanien ein großes Bild, in dem sie eine bunte Zukunft festhielten.

EU-Flüchtlingspolitk, die Türkei und Syrien

In einem Interview, das Martina am Donnerstag dem Fernsehsender TV.Berlin für seine Reihe Europazeit gab, standen vor allem die Beziehungen der EU zur Türkei und zu Israel im Fokus. Das Interview wird voraussichtlich am 24.12. gesendet und wir informieren dazu gesondert. Die meisten Nachfragen kamen verständlicherweise aus der innenpolitischen Perspektive Deutschlands und berührten ebenso die Flüchtlingspolitik und die Parlamentsentscheidung des Deutschen Bundestages, die im wesentlichen von der Großen Koalition und auch von Grünen zum Teil mitgetragen wurde, die Intervention in Syrien an der Seite Frankreichs zu unterstützen.

Martina hat im Interview, so viel wollen wir doch vorab verraten, klargestellt, dass sie die Entscheidung der EU, der Türkei 3 Mrd. Euro in Aussicht zu stellen, um Flüchtlinge auf dem Wege nach Europa zurückzuhalten, für falsch und absurd hält.
Mit diesem modernen Ablasshandel wird weder im Ansatz eine einzige Fluchtursache bekämpft, noch ist der türkischen Gesellschaft und nachhaltig den Flüchtlingen gedient, wenn über eine Pressefreiheit und eine Opposition unter Druck und Repression weiter geschwiegen wird. Martina hat im Interview unmissverständlich erläutert, warum Bomben in Syrien nur die Wiener Verhandlungen für eine Friedenslösung untergraben, egal wer sie wirft und wer dabei logistisch zur Hand geht.

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.