Wie arbeitet das europäische Parlament?

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Das Europäische Parlament ist das einzige direkt gewählte EU-Organ und eine der größten demokratischen Versammlungen der Welt. Seine 766 Mitglieder vertreten die 500 Millionen Bürger der EU. Sie werden alle fünf Jahre von den Wahlberechtigten aller 28 Mitgliedstaaten gewählt. Gemeinsam mit dem Rat der Europäischen Union bildet das Parlament die gesetzgebende Gewalt der EU.

Seit 2014: Gemäß dem Vertrag von Nizza wird die Zahl der Europaabgeordneten von 785 auf 736 reduziert. Ab den nächsten Europa-Wahlen im Juni 2014 gilt eine Obergrenze von 751 (750 Abgeordnete + 1 Präsident oder Präsidentin).

Das Europäische Parlament hat drei wichtige Aufgaben:

  • Erörterung und Verabschiedung von EU-Rechtsvorschriften Mit dem Vertrag von Lissabon wurde die Bandbreite der Politikbereiche erweitert, in denen die Rechtsvorschriften im „ordentlichen Gesetzgebungsverfahren“ verabschiedet werden. Dadurch hat das Parlament mehr Einfluss auf den Inhalt der Rechtsvorschriften in Bereichen wie Landwirtschaft, Energiepolitik, Einwanderung und Finanzen
  • Kontrolle anderer EU-Institutionen, insbesondere der EU-Kommission, um eine demokratische Arbeitsweise zu gewährleisten
    Vor einem Gipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs nimmt das Parlament Stellung zu den Tagesordnungspunkten.
  • Erörterung und Verabschiedung des EU-Haushalts
    Der Haushaltsausschuss des Parlaments kontrolliert, wie die Haushaltsmittel ausgegeben werden, und beurteilt jedes Jahr den Umgang der Kommission mit dem Vorjahreshaushalt.

Das Europäische Parlament ist an drei Orten vertreten – MdEP verbringen ihre Zeit zum Teil in ihrem Wahlkreis, zum Teil in Strasbourg – wo 12 Plenartagungen pro Jahr abgehalten werden – und zum Teil in Brüssel – wo zusätzliche Plenartagungen sowie Ausschuss- und Fraktionssitzungen stattfinden.

In Luxemburg befinden sich die Verwaltungsstellen des Parlaments (Generalsekretariat).

Arbeitsweise

Die Zahl der Abgeordneten pro Land richtet sich nach der jeweiligen Bevölkerungsanzahl. Nach dem Vertrag von Lissabon beträgt die Zahl der Abgeordneten pro Land mindestens 6 und höchstens 96.

Die Abgeordneten gruppieren sich nach politischer Zugehörigkeit (Fraktionen) unabhängig ihrer Staatsangehörigkeit. Zur Zeit gibt es im Europäischen Parlament 7 Fraktionen. Zur Bildung einer Fraktion sind mindestens 25 Abgeordnete erforderlich, und in jeder Fraktion müssen Abgeordnete aus wenigstens einem Viertel der Mitgliedsstaaten vertreten sein. Eine Mitgliedschaft in mehreren Fraktionen ist nicht möglich.

Die vorbereitenden Arbeiten zwischen den Plenartagungen finden in verschiedenen Fachausschüssen statt. Sobald ein Dokument das Verfahren bzw. die Aussprache im Ausschuss durchlaufen hat, wird im Plenum über ihn abgestimmt. Das Verfahren gilt damit als abgeschlossen.

Europäische Bürgerbeteiligung

  • Gemäß Artikel 227 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union kann jeder Bürger mit Wohnsitz in einem der Mitgliedsländer jederzeit allein oder zusammen mit anderen Personen sein Petitionsrecht ausüben, also in Angelegenheiten, die in die Tätigkeitsbereiche der Union fallen und die ihn oder sie unmittelbar betreffen, eine Petition an das Europäische Parlament richten. Das betrifft auch Angehörige von Vereinigungen, Unternehmen und Organisationen.
  • Wenn Sie sich von den EU-Organen ungerecht behandelt fühlen, kann möglicherweise die Europäische Bürgerbeauftragte behilflich sein. Die Bürgerbeauftragte geht Beschwerden über Missstände bei der Tätigkeit der Organe und Einrichtungen der Europäischen Union, darunter die Europäische Kommission, der Rat der EU, das Europäische Parlament, der Ausschuss der Regionen, der Wirtschafts- und Sozialausschuss und alle EU-Agenturen, nach. Die Europäische Bürgerbeauftragte hat ihren Sitz in Strasbourg.
  • Seit dem 1. April 2012 steht den Bürgern der EU ein neues Instrument zur Verfügung, mit dessen Hilfe sie bei der Gestaltung der EU-Politik mitwirken können – die Europäische Bürgerinitiative. Wenn sich mehr als eine Million Bürger aus mindestens einem Viertel der EU-Mitgliedstaaten an einer solchen Initiative beteiligen, können diese die Europäische Kommission auffordern, in Bereichen, die in deren Zuständigkeitsbereich fallen, Rechtsvorschriften vorzuschlagen. Die Organisatoren einer Bürgerinitiative – ein Bürgerausschuss, dem mindestens sieben EU-Bürger aus mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten angehören – haben ein Jahr Zeit, um die benötigten Stimmen zu sammeln. Die Unterschriften müssen von den zuständigen Behörden der jeweiligen Mitgliedstaaten beglaubigt werden. Organisatoren einer erfolgreichen Initiative nehmen an einer Anhörung im Europäischen Parlament teil. Die Kommission muss die Initiative innerhalb von drei Monaten untersuchen und über das weitere Vorgehen entscheiden.