Wahlen in der Türkei mit großartigem Wahlerfolg für die HDP

Diyarbakir, 7.6.2015

Unabhängige Wahlbeobachtung in Diyarbakir

Heute wurde in der Türkei gewählt. Nach einem gefühlten Wimpernschlag nach den Studientagen brach Martina Michels auf Einladung der HDP mit zwei Mitarbeiterinnen zur unabhängigen Wahlbeobachtung nach Diyarbakir auf, einer der Hochburgen der HDP. Seit Wochen gab es große Hoffnungen, die absolut undemokratischen 10 % Hürde zu überspringen. Damit wäre die absolute Mehrheit von Erdogans AKP dahin und ein Korridor für eine neue Debatte um eine Demokratisierung der Türkei geschaffen. Der drohende Ausbau der Präsentenherrschaft wäre endlich infrage gestellt, die ernsthafte Lösung soziale Probleme, die Garantie von Medienfreiheit, Religionsfreiheit und Frauenemanzipation könnten auch außerhalb der städtischen Zentren an Zuspruch und Unterstützung gewinnen.
Der zweimonatige Wahlkampf hatte schon Stunden vor der Auszählung tiefe Spuren der alltäglichen Repression gegen Journalistinnen und Journalisten, gegen Andersdenkende hinterlassen. Am letzten Freitag erschütterte ein Bombenattentat die Abschlussveranstaltung der HDP in Diyarbakir. 3 Tote wurden am Tag darauf beerdigt und betrauert und über einhundert schwer Verletzte versorgt. Noch immer schweben mehrere Menschen in Lebensgefahr.

Unter solchen Umständen stand die selbstorganisierte, unabhängige Wahlbeobachtung, die zuvor auch offiziell angemeldet wurde, aber nicht genehmigt wurde, unter völlig neuen Vorzeichen. Sie hatte insofern schon allein eine große Bedeutung, weil sie Teil der Ernsthaftigkeit in den letzten Stunden vor der Wahl nach dem Schock vom Freitag werden konnte. Die angereisten Wahlbeobachterinnen und Wahlbeobachter aus der Schweiz, aus Dänemark, aus Hamburg, Berlin, Brüssel und anderen Orten war an sich schon Ausdruck von Solidarität und Unterstützung freier Wahlen und umgekehrt wurden die Wahlbeobachterinnen und Wahlbeobachter direkt in Diyarbakir Zeuge einer außergewöhnlichen Besonnenheit. Die Wählerinnen und Wähler der HDP haben sich nach dem grauenvollen Terrorakt nicht provozieren lassen. Sie haben sich gegenseitig Mut gemacht und Ruhe bewahrt. Statt Tanzen in den Lokalen am Samstag haben sie sich auf den Straßen gezeigt, mit HDP-Fahnen, dem Victoryzeichen, Hupkonzerten und in einem unermüdlichen Einsatz für die vielen Verwundeten des feigen Anschlags.
Martina Michels traf im Verlaufe des Samstag mit vielen NGOs zusammen, traf Kandidatinnen und Kandidaten der HDP, Vertreterinnen des FreeWomanCongress und der Human Rights Association. In den vielen Gesprächen tauchten neben ganz aktuellen politischen Fragen, den Einschätzungen der Lebenslagen unter anhaltender Repression und Verfolgung und der wachsenden guten Vorwahlstimmung immer wieder die Forderung auf, dafür zu sorgen, dass die Einstufung der PKK als terroristische Organisation in Mitgliedsstaaten der EU aufgehoben werden muss.

Mehr dazu und zu den Studientagen in Athen unter : Martinas Woche