EU-Kohäsionspolitik: Kürzungen als ‚identitätsstiftende Elemente‘

Heute tagt der Rat für Allgemeine Angelegenheiten. Bei diesem Treffen steht der 7. Kohäsionsbericht der Kommission sowie die Anpassung der EU-Finanzordnung (Omnibus) auf der Tagesordnung. Rechenspiele der EU-Kommission lassen befürchten, dass Mittel der Kohäsionspolitik um bis zu 30 Prozent gekürzt werden könnten. Zudem soll die EU-Förderpolitik noch enger an ‚Strukturreformen‘, sprich: Haushaltsdisziplin gekoppelt werden. Dazu Martina Michels, regionalpolitische Sprecherin der Delegation DIE LINKE. im Europaparlament:

„Während die Verteidigungs- und Außenminister*innen der EU am Montag verabredeten, den Startschuss für die Militärunion samt eigenem Haushalt geben zu wollen, untersucht die EU-Kommission nun, an welchen Stellen die Kohäsions-, Sozial- und Arbeitspolitik gekürzt werden könnte. Zwei von drei erwähnten Szenarien sehen radikale Kürzungen vor. Diese Vorschläge und Überlegungen der Kommission sind empörend.“

„Wieder einmal erleben wir den vorauseilenden Gehorsam der Kommission gegenüber den Regierungen der Mitgliedstaaten. Kohäsionspolitik, also politische Maßnahmen, um den Zusammenhalt zwischen den Regionen zu stärken, ist das einzig vorhandene finanzielle Instrument, um wirkliche Solidarität und Annäherungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten voranzubringen. Ausgerechnet hier den Rotstift anzusetzen, wäre unverzeihlich.“

„Diese Ankündigungen kommen just zur Zeit der UN-Klimawandelkonferenz in Bonn – COP23 -, aber substantielle Mittelerhöhungen zur Abwendung des Klimawandels? Fehlanzeige. Mittelerhöhungen, um mehr Öffentlichkeit und damit mehr Teilhabe an der Europäischen Union in Folge des Brexits herzustellen? Fehlanzeige. Mittelerhöhungen, um die soziale Ungleichheit in der EU zu beheben und identitätsstiftende Maßnahmen zu fördern? Fehlanzeige. Stattdessen werden Steuergeschenke an multinationale Konzerne vergeben, neue Aufträge für die Rüstungs- und Verteidigungszusammenarbeit am Horizont ersehnt und auf diese Art und Weise die EU vollends von den Bürger*innen entfremdet. So schafft man vieles, aber sicher keine Begeisterung für Europa.“

„Wir müssen alles tun, um den sozialen Zusammenhalt und eine entsprechende Politik der Angleichung der Lebensverhältnisse in der EU zu stärken. Daher unterstütze ich die Erklärung der ‚Allianz für die Kohäsionspolitik‘. Das Europäische Parlament hat sich im Gegensatz zur Kommission deutlich dafür ausgesprochen, auch in Zukunft einen mindestens gleichbleibenden, wenn nicht höheren Anteil des EU-Haushaltes auf die Kohäsionspolitik zu verwenden. In dem Bericht Bausteine für die künftige Kohäsionspolitik hatten die Europaabgeordneten darüber hinaus der Anwendung makroökonomischer Konditionalitäten eine klare Absage erteilt und stattdessen gefordert, dass auch in Zukunft alle Regionen in der EU förderfähig sein sollen. Sich von diesen Ambitionen zu verabschieden, kann europäischer Integration nicht förderlich sein.“

Die Schlußfolgerungen des Rates hier (EN)

Video zur Pressekonferenz nach der Ratstagung