Auch künftig EU-Fördermittel für alle Regionen

EP-Regionalausschuss: Europaabgeordnete gegen Kürzungsszenarien bei den Struktur- und Investitionsfonds nach dem Brexit

Die Regionalpolitikerinnen und Regionalpolitiker im Europaparlament sind sich einig: Die EU-Förderprogramme müssen auch nach 2020 allen Regionen in der EU offenstehen. Das ist eine der Grundbedingungen für die Zustimmung zur langfristigen Haushaltsplanung der EU für die Zeit nach  2020 (Mehrjähriger Finanzrahmen, MFR). So beschlossen es heute (27/03) die Abgeordneten des Regionalausschuss (REGI), die mit übergroßer Mehrheit ihre Einschätzung zum 7. Bericht über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt in der EU angenommen haben. Am 17. April wird das Plenum abschließend darüber befinden (der Text wird in den kommenden Tagen hier abrufbar sein).

Was selbstverständlich klingt, ist längst nicht gewiss: In den vergangenen Monaten hatten “Szenarien”, von der EU-Kommission veröffentlichte Varianten der künftigen Ausstattung und Aufteilung der EU-Struktur- und Investitionsfonds, mehrfach für Aufschrei und Empörung bei allen gesorgt, die in EU-geförderten Projekten zu tun haben. Kürzungen um bis zu 30% waren zwischenzeitlich im Gespräch, um Haushaltslücken durch Brexit und neue Aufgaben auszugleichen. Das würde heißen, dass nur noch die ärmsten Regionen, im Prinzip nur in Mitgliedstaaten Mittelosteuropas, förderfähig wären (wir berichteten hier und hier und zuletzt hier). Zuletzt sprach EU-Haushaltskommissar von Günther Oettinger von moderaten Einschnitten, von „weniger als zehn, wahrscheinlich um die fünf Prozent“.

Die Europaabgeordneten zeigen sich „überaus besorgt“ über diese Szenarien. Sie fordern, dass auch nach 2020 hinreichend Mittel für die Kohäsionspolitik zur Verfügung stehen, um aktuelle und zukünftige Herausforderungen bewältigen zu können. Zugleich dürfe Kohäsionspolitik nicht als Notfalltopf für jegliche Krisenerscheinungen gesehen werden. Beschäftigung, soziale Eingliederung, die Bekämpfung der Armut, Förderung von Innovation, Digitalisierung, Unterstützung für KMU und Start-ups, Klimawandel, Kreislaufwirtschaft und Infrastruktur sollten wichtige Schwerpunktbereiche für die Zukunft der Kohäsionspolitik sein, so der verabschiedete Text.

Bereits in der Plenartagung im Februar hatte das Parlament verdeutlicht: Die Finanzierung der Kohäsionspolitik nach 2020 für die EU‑27 ist zumindest auf dem aktuellen Stand zu halten, auf dem sie im Haushaltsplan 2014–2020 ist und der Haushaltsbedarf liegt ganz objektiv bei mindestens 1,3% des BNE der 27 Mitgliedstaaten. Im Juni 2016 hatte das Parlament mit den „Bausteinen für die künftige Kohäsionspolitik“ begonnen, für eine starke Regionalpolitik nach 2020 zu werben.

Martina Michels, regionalpolitische Sprecherin der LINKEN. im Europaparlament kommentiert: „Mit den beiden Grundsatzdokumenten zur Zukunft des Kohäsionspolitik und den Berichten über den Haushaltsrahmen hat das Parlament eine solide Verhandlungsbasis geschaffen. Dahinter darf es in den kommenden Monaten nicht zurückfallen, auch wenn das sicherlich harte Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten werden. Eines geht nicht: Von der EU mehr Verantwortung und Handeln und gerade auch Fördermittel einfordern, aber weiterhin am falschen Ende sparen.“

Für die Förderperiode 2014-2020 stehen über die Regional- und Kohäsionspolitik EU-Mittel in Höhe von  € 351,8 Milliarden bzw. 32,5 % der EU-Haushalt 2014-2020 für Projekte zur Förderung von Wachstum, Beschäftigung und Angleichung der wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede zur Verfügung.

Dem 7. Kohäsionsbericht zufolge trugen die EU-Fonds direkt zur Schaffung von  420.000 neuen Arbeitsplätzen bei, halfen mehr als 7,4 Millionen Arbeitslosen, Arbeit zu finden und mehr als 8,9 Millionen Menschen beim Erwerb neuer Qualifikationen. 1,1 Millionen KMU wurden gefördert und ein großer Teil der Mittel wurde für Vorhaben im Bereich Energieeffizienz eingesetzt.

Für die EU12 (die „alten“ Mitgliedstaaten) wurde berechnet, dass das BIP durch Investitionen der EU-Kohäsionspolitik im Zeitraum 2007-2013 bis zum Jahr 2015 um 3% anstieg. Ähnliche Schätzungen gibt es für 2014-2020 für das BIP 2023.

Am 07. Februar 2018 gab die Europäische Kommission auf der Offenen Kohäsions-Daten-Plattform aktuelle Zahlen zur Nutzung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds  bekannt. Neben den klassischen Zuschüssen werden gegenwärtig mehr als 76.000 Unternehmen durch Finanzinstrumente aus den ESI-Fonds unterstützt. Sie dienten dazu, zusätzliche Investitionen durch Finanzprodukte wie Darlehen, Garantien oder Eigenkapital zu generieren. Bis Ende 2016 wurden bereits 10,3 Mrd. Euro aus den ESI-Fonds für solche Instrumente bereitgestellt, vor allem für die Unterstützung von KMU, Forschung und Innovation sowie für die kohlenstoffarme Wirtschaft.

Mehr Klarheit wird vermutlich erst der konkrete Vorschlag für den Mehrjährigen Finanzrahmen bringen, den die Kommission am 2. Mai 2018 vorlegen wird.

Ihre Vorschläge für die Gesetzgebung über die Europäischen Struktur- und Investmentfonds nach 2020 hat sie für den 29. Mai 2018 angekündigt.

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.