Martin Sonneborn interviewt Martina Michels zu Politik und Satire

Foto: Louise Schmidt

Der Satiriker und Europaabgeordnete Martin Sonneborn interviewte seine Kulturausschusskollegin Martina Michels im Rahmen der Produktion zu einer Spiegel-TV-Sendung zur Reichweite von Satire und den Möglichkeiten, sie politisch „einzuhegen“.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Die Kanzlerin hatte der Welt schon mal vorab via Regierungssprecher ihr persönliches Urteil über ein Gedicht verkünden lassen, das in Deutschland ein kollektives Proseminar für Medienrecht vom Zaune brechen konnte, da es voller rassistischer Klischees steckte und zugleich vom Autor als „so etwas darf Satire nicht“ in seine Sendung eingebaut wurde, die das Extra3-Lied über den türkischen Präsidenten Erdoğan kommentierte. Jener hatte nach Bekanntwerden des Liedes den deutschen Botschafter einbestellen lassen, weil er es nicht lustig findet, wenn jemand singt, dass Journalisten in seinem Land im Knast landen. Merkel hatte ihr Urteil über den nachfolgenden – zumindest poetisch fragwürdigen – Kommentar in einem Telefonat der Türkischen Regierung kundgetan.

Auf eine Anzeige von Erdoğan als Person folgte noch eine von Erdoğan als Präsident. Über deren Annahme hatte nun die Bundesregierung zu entscheiden, da die Türkei eine diplomatische Note nachgeschoben hatte, um die Bundesregierung zu einer Stellungnahme zu zwingen. Dabei ging es um die Anwendbarkeit des sogenannten „Majestätsbeleidigungsparagraphen“ 103 StGB (Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten), der ein höheres Strafmaß als der „normale“ Beleidigungsparagraph benennt. Die einen finden die Ermächtigungsentscheidung der Bundesregierung vom Freitag dieser Woche elegant und zugleich skurril, weil der Koalitionspartner anders entschieden hätte. Andere finden die Entscheidung feige. Die ruhigeren Gemüter sagen: Es gab keine andere sinnvolle Entscheidung, denn so hält die Politk sich raus und vertraut dem Rechtsstaat in Deutschland die Satirefreiheit an – verbunden mit der Frage, ob sie Grenzen kennt und wenn ja, wie hoch ihr Strafmaß ist. Wenn das kein Stoff für Satire ist!

Vor dieser Entscheidung trafen sich Martin Sonneborn und Martina Michels am Mittwoch abend am Plenarsaal. Als KollegInnen im Kulturausschuss dachten sie im Gespräch schon einmal über eine EU-Richtlinie zur Begrenzung des Humors nach. Die Einigung gestaltete sich genauso heiter wie schwierig oder gar unmöglich. Einig wurden sich beide Parlamentarier allerdings schnell, dass die Satire offenbar in der Lage ist, das beste Bildungsprogramm zum Medienrecht und zur Kunstfreiheit zu liefern, und möglicherweise zukünftige Änderungen durch den Gesetzgeber selbst in die Hand geommen hat. Auch hier gab es ganz offensichtlich einen Problemlösungsstau.

Neben Martina Michels interviewte Martin Sonneborn auch Martinas griechischen Fraktionskollegen, Stelios Kouloglou, der selbst Filmemacher und Journalist ist. Ausschnitte dieser Gespräche werden im nächsten Spiegel-TV Magazin ausgestrahlt. Die Erstsendung war am Sonntag, 17. April 2016 – das Video ist aber auch hier auf der linken Seite zu sehen.

Foto: Louise Schmidt

Siehe auch Martinas Woche 15_2016