„Grenzen bereiten uns allen großes Kopfzerbrechen“

Linke MdEP und Kommunalpolitiker diskutieren grenzüberschreitende Kooperationsmöglichkeiten in der EU

Regionalpolitisch endete das Jahr 2016 im Baskenland: Auf Initiative der linken MdEP im Ausschuss für Regionale Entwicklung fand Anfang Dezember im Baskenland eine Konferenz zu grenzüberschreitenden Zusammenarbeit statt. Kommunalpolitiker*innen, Expert*innen und Europaabgeordnete aus Spanien, Frankreich, Irland, Italien, Griechenland  und Deutschland trafen sich zum Erfahrungsaustausch über Möglichkeiten, Erfolge und Probleme in Grenzgebieten. Häufig sind in diesen Gebieten einige grundlegende Problemstellungen ähnlich: Wenig Industrie und Dienstleitungen, Bevölkerungsabwanderung in die Zentren, die wirtschaftlich, sozial und auch kulturell besser ausgestattet sind. Hürden für die Zusammenarbeit bestehen außerdem zum Teil aufgrund von unterschiedlichen Sprachen, Unterschieden in der Gesetzgebung aber auch kultureller Natur, aber auch angesichts natürlicher Grenzen wie Gebirgen oder Flüssen usw.

Foto: Nora Schüttpelz

Bei der Vorstellung der erfolgreichen Projekte in so unterschiedlichen Bereichen wie KMU- und Forschungszusammenarbeit, Jugendaustausch, gemeinsamer bilingualer Ausbildungsgänge mit Doppeldiplom, gemeinsame Bewerbung der Region als Tourismusregion, ökologischer Weinanbau- und Vermarktung auf beiden Seiten der Grenze, Bereitstellung von ÖPNV zwischen Grenzregionen uvm. wurde schnell klar, dass ganz besonders in Grenzgebieten einerseits das Engagement der Bevölkerung und der lokalen Verwaltungen zentral sind. Zugleich wären wohl die Erfolgsaussichten ohne europäische Zielstellungen und EU-Fördermittel wesentlich geringer. In den Hauptstädten der EU-Mitgliedstaaten fehlt zum Teil der Blick in die weiter abgelegenen Gegenden und zum Teil sind Grenzen schließlich auch deutlich sichtbarer Ausdruck unterschiedlicher Interessen, die nicht immer vollstens von der Bevölkerung vor Ort geteilt werden.

Da die EU nun einmal angetreten ist, Einheit in Vielfalt zu werden, ist sie ein erster Ansprechpartner, wenn es um die Förderung von Sprachenvielfalt, gegenseitigem Kennenlernen und den Ausgleich der Entwicklungsunterschiede zwischen Regionen mittels gemeinsamer Projekte in wirtschaftlichen, kulturellen, Mobilitäts- und sonstigen Austauschfragen geht. Dafür stehen sowohl die großen Struktur- und Investitionsfonds bereit als auch spezielle Instrumente für die Grenzregionen wie Interreg, Euroregionen, Eurocities, ITI, EVTZ.

Die in unserer Konferenz beschriebenen Beispiele u. a. deutsch-polnischer, slowenisch-italienischer, spanisch-französischer, irisch-nordirischer Kooperationsprojekte zeigen zum einen, dass neben engagierten Bürgerinnen und Bürgern die Rolle der lokalen und regionalen Verwaltungen und gewählten Vertretungen bei der politischen wie administrativen Realisierung der Zusammenarbeit kaum unterschätzt werden kann – im je positiven wie negativen Sinne. Zum anderen wurde klar, dass gerade die hier geleistete Art der Unterstützung in aller Regel auf öffentlichen Investitionen Form von Zuschüssen aufbauen muß: Sprach- und Ausbildungsförderung, Integration in lokale Arbeitsmärkte für jüngere und ältere Bevölkerungsgruppen und Zugezogene, Unterstützung bei der Beantragung von Fördermitteln, Ausbau und zur Verfügung stellen lokaler, auch digitaler Infrastruktur, Förderung von F&E zur nachhaltigen Nutzung lokaler natürlicher Ressourcen u. ä. lassen sich nicht oder mindestens nicht mittelfristig gewinnorientiert organisieren.

Leider scheint  EU-Förderpolitik nicht nur mit immer weniger finanziellen Mitteln auskommen zu müssen. Zugleich wachsen offenbar die bürokratischen Hürden, was zum Teil an EU-Vorschriften, zum Teil aber auch an vorauseilendem Verwaltungs- und Kontrolleiger der nationalen Ebene liegt.

Zwei intensive Konferenztage ermöglichten einerseits den Vertretern aus den unterschiedlichen Grenzregionen interessanten Austausch und neue Kontrakte. Doch gerade die Europaabgeordneten nehmen viele wichtige Hinweise mit nach Brüssel, wo es in den kommenden Monaten schon wieder um die nächste EU-Förderperiode nach 2020 geht, also zentrale Gesetzgebung der EU-Regionalpolitik erneut auf dem Prüfstand stehen.

Konferenzankündigung | Foto: GUENGL-press